Erkrankungen junger Hunde am Bewegungsapparat (Vordergliedmaße)

Die Sorge, dass sich der eigene Hund eine Fehlstellung oder Erkrankung im Wachstum zuziehen könnte, ist immer wieder sehr präsent, vor allem bei Welpen-Besitzern großer Rassen. Dieser Artikel enthält eine Auflistung von immer wieder auftretenden Erkrankungen des Bewegungsapparates, sowie Tipps wie Sie diese vorbeugen können.

Typische Merkmale, dass da irgendwas nicht stimmt...

 

Die Kennzeichen eines Schwachpunktes im Bereich des Bewegungsapparates sind immer die gleichen. Untersuchen Sie Ihren Hund auf:

  • Assymetrien der Körperhälften:
  • segmental: z.B. Ist das Fußgelenk auf der einen Seite dicker als auf der anderen?
  • Global: z.B. Ist die eine Seite des Hundes mehr bemuskelt/kräftiger als die andere?
  • Einbüßen an Beweglichkeit:
  • segmental: z.B. Bewegt mein Hund ein Bein weniger/anders als das Gegenüberliegende?
  • Global: z.B. Vermeidet mein Hund in letzter Zeit generell länger anhaltende Bewegung?
  • Lokale Auffälligkeiten am Gewebe: Ist an einer bestimmten Stelle die Haut erwärmt? Fühlt sich ein Körperteil besonders angespannt an oder fehlt die Spannung völlig?

 

 

Hunde sprechen ihren Schmerz nicht aus.

 

Vor allem Hunde, die ausgewachsen eine große Körperhöhe erreichen, sind prädestiniert für Wachstums-bedingte Fehlbildungen. Doch auch mittelgroße Hunde, vor allem die besonders beliebten Rassen z.B. Labrador. Golden Retriever, Deutscher Schäferhund weisen immer wieder in diesem Bereich Schwachpunkte auf. Betroffen kann also eigentlich jeder junge Hund sein...

Denken Sie daran: Er wird es Ihnen nicht sagen können, wenn ihm etwas weh tut! Beobachten Sie deshalb Ihren Liebling: Spielt er gerne? Tollt er ausgelassen mit Ihnen?

 

Oder bleibt er regelmäßig stehen oder legt sich nach Kurzem wieder hin, nachdem Sie ein Spiel mit ihm beginnen? Schleckt er sich bei Bewegung oder beim Hinsetzen/Hinlegen manchmal die Schnauze? Das wären schon eindeutige Zeichen von Schmerz.

 

 Auflistung der Erkrankungen

 

OCD des Humeruskopfes = Erkrankung des Knorpels im Schultergelenk

 

Ursachen: genetische Disposition (schwere Rassen oft betroffen), Übergewicht, Überbelastung

Symptome: Der Hund schont nach Belastung oder direkt nach einer Ruhepause immer wieder ein Vorderbein. Wenn beide Schultergelenke von OCD betroffen sind, lahmt mal das eine Bein, mal das andere. Dies kann bei Besitzern den Gedanken auslösen, der Hund würde nur schauspielern. Meist beginnen die Symptome mit etwa 5 Monaten. Beim genauen Beobachten kann man oft ein Abbrechen der Bewegung nach dem Auftreten erkennen.

 

Tipps:

  • Achten Sie auf die Ernährung: Calcium ist für den Knochen- und Knorpel-Aufbau sehr wichtig. Sowohl eine Über- als auch Unterversorgung kann Schäden auslösen. Im Fall von OCD führt häufig eine Überversorgung zu vermehrten Knorpel-Wachstum, sodass dieser nicht mehr richtig mit Nährstoffen versorgt werden kann, und abreißt. Also: Wenn ausreichend Calcium im Futter ist, nicht ohne Aufforderung des Tierarztes extra Calcium zufüttern!
  • Überbelastung vermeiden: Im ersten halben Lebensjahr des Hundes ist sehr viel Energie notwendig, die im Körper-Inneren Strukturen auszubilden. In dieser Zeit also bitte nicht den Hund an die Leistungsgrenzen bringen!!! Es reichen in der Regel Kurz- bis Mittelstrecken als Spaziergang aus - lieber mehrmals täglich gehen.
  • Übergewicht vermeiden

 

Ellbogendysplasie (ED) = Übersetzung ins Deutsche: Das Gelenk des Ellbogens ist nicht passgenau

 

Die ED kommt relativ häufig vor, und wird in drei Hauptformen und einige andere Anomalien aufgeteilt:

OCD im Ellbogengelenk = Ablösung des Knorpels im Ellbogengelenk

FPC = Abriss eines Knochenfragments am Ellbogen, an dem Muskeln angewachsen sind

IPA = Wachstums-Fuge im Ellbogenbereich wächst nicht zu

 

Ursachen: Genetische Vorbelastung, Übergewicht, Überbelastung

 

Symptome: Der Hund schont immer das gleiche, oder abwechselnd beide Vorderbeine. Selten treten erste Symptome schon mit 4-5Monaten auf; meistens jedoch wird es auffällig im 7.-12. Lebensmonat. Wenn der Hund steht, dreht er zum Schonen häufig die Vorderpfote leicht nach außen. Manchmal kann man auch beim Abtasten des Ellbogen-Gelenks eine Verdickung oder Erwärmung spüren.


  • Die kleinen, aber sehr wichtigen Knochenfragmente (Fachbegriff: Processi Coronoideii medialis Ulnae), die bei der FPC abreisen können, verwachsen normalerweise im Alter von 13-20 Lebenswochen mit der Elle (siehe Bild). Ebenso verwächst die Knochenspitze (Fachbegriff: Processus Anconeus) der Elle (Bild) in der Regel zwischen der 20.-22. Lebenswoche. Bei Überbeanspruchung kann es bei diesen difficilen Vorgängen zu Fehlern kommen. Es macht deshalb echt Sinn den Hund in dieser Lebensphase vor allem kopfmäßig auszulasten, und erst ab dem 6. Lebensmonat mit Bewegung „auszupowern“
  • Treppensteigen wenn möglich erst ab 22. Lebenswoche des Hundes in vollem Umfang zulassen
  • Fahrradfahren und Ausdauersport: Bitte erst nach dem 6. Lebensmonat schrittweise beginnen
  • Falls statt Halsband ein Geschirr verwendet wird: Bitte passgenau mit ausreichend Platz für die Vorderbeine. Beschränkt der Gurt des Geschirres das Bewegungsausmaß des Vorderlaufs , kompensieren Hunde das, indem sie beim Laufen das Bein nach außen rotieren. Das führt jedoch dazu, dass die Gelenke absolut untypisch belastet werden! Veränderungen im Gelenk können folgen!



 Wachstums-Störungen der Elle und Speiche

 

Bei schnell wachsenden Rassen (z.B. Deutsche Dogge) kann es durch zu schnellem Wachstum von Elle oder Speiche passieren, dass es zu einem vorzeitigen Verwachsen der Wachstumsfugen kommt. Das Wachstum stoppt dann nicht automatisch, sondern geht bis zum regulären Wachstums-Ende weiter. Folge: Der Knochen verbiegt sich („Radius-Curvus-Syndrom“)

 

Ursache: Genetische Disposition, chronische Überbelastung, Fugenstauchung z.B. durch Sprung aus großer Höhe

Symptome: Berührung des Ellbogens löst beim Hund Schmerzen aus, Lahmheit, typische Schonhaltung: Hund dreht das betroffene Bein abwärts des Ellbogens nach außen

 

Tipps:

  • Vermeiden Sie Sprünge über große Gräben, solange ihr Hund im extremen Größenwachstum ist

 

 

Wachstums-Fugen-Verletzung

 

Die Wachstums-Fugen sind sehr empfindlich gegenüber traumatischen Einwirkungen und Stürzen aus großen Höhen. Verletzungen können Störungen im Größenwachstum der betroffenen Gliedmaße nach sich ziehen.

Symptome: Schwellung, Schmerzen, Schonen der Gliedmaße

 

Tipps:

  • Vermeiden Sie Sprünge über große Gräben, solange ihr Hund im extremen Größenwachstum ist

 

 

Überstrecktes Fußgelenk bei Welpen und

Überbeugtes Fußgelenk bei Welpen

 

 

Im Wachstum auftretendes Ungleichgewicht der beugenden und streckenden Muskulatur, dass zu der beschriebenen Fehlstellung führen kann. Man kann deutlich erkennen, dass der Hund sein Fußgelenk überstreckt bzw. zu sehr durch beugt. Diese Haltungs-Anomalie heilt von alleine aus, indem das Wachstum der gegen-spielenden Muskulatur besser ausgebildet ist. Unterstützen Sie diesen Prozess, indem Sie Ihren Hund über harten Untergründen laufen lassen.

 

 

 

Trotz vieler möglicher Erkrankungen sind mindestens 80% der jungen Hunde, die ich kennen lerne, kerngesund! Also bitte genießen Sie die kurze Baby- und Junghund-Phase in vollen Zügen mit Ihrem Vierbeiner!!!

Tags: 2016, Hunde, Osteopathie, Gesundheit, Februar, Bewegungsapparat, Knochen, Junghunde, ED, Ellbogendysplasie, Merkmale, Schmerz, OCD, Humeruskopf, Ellbogen, Dysplasie, FPC, IPA, genetisch, Übergewicht, Belatung, Belastbarkeit, Wachstumsstörung, Elle, Speiche, Sprung, Verletzung